Die Morgenandacht Man kann auch in die Höhe fallen
Standdatum: 27. April 2025.
Die Morgenandacht Man kann auch in die Höhe fallen
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Man kann auch in die Höhe fallen. Dieser Satz aus einem Roman von Joachim Meyerhoff beschäftigt Pastorin Ulrike Oetken. Das, was eigentlich absurd klingt, ist doch irgendwie sehr lebensnah.
"Man kann auch in die Höhe fallen" lautet der Titel eines Romans von Joachim Meyerhoff. Er erzählt darin von einer Lebenskrise, die ihn dazu bringt, für eine Weile aus seinem Alltag auszusteigen und für einige Wochen zu seiner Mutter auf’s Land zu ziehen. Obwohl sie schon alt ist, bewirtschaftet sie Haus und Garten aus eigener Kraft mit Energie, Lebensfreude, Disziplin und harter Arbeit.
Am Ende zieht ihr Sohn wieder zurück in sein Leben nach Berlin. "Ich bin so beeindruckt, wie Du dein Leben lebst", sagt er ihr zum Abschied. "Ja, da hast Du allerdings vollkommen recht", sagte sie. "Es überrascht mich selbst, aber es stimmt. Ich mache, was ich will und je älter ich werde, desto glücklicher werde ich. Jeden Tag werde ich ein wenig froher". Sie ist 86, als sie das sagt. Eine Idylle, die viele im Alter nicht erleben. Das ist sicher nicht übertragbar. Und trotzdem stimmt mich dieses Buch hoffnungsvoll. Es ist der humorvolle Unterton, der es durchzieht und mit dem auch wirklich verfahrene Situationen so erzählt werden, dass sie leicht wirken.
Und es ist der Titel, der sich an ein Zitat des Dichters Friedrich Hölderlin anlehnt. "Man kann auch in die Höhe fallen, so wie in die Tiefe." Dieses Bild von Hölderlin finde ich kongenial, dass man zwar vielleicht noch im Fallen begriffen ist, aber dass es ein "Fallen in die Höhe ist“. Fallen in die Höhe. Das klingt etwas verrückt. Aber dass in dem Moment, wo etwas richtig schief geht, noch Möglichkeiten sind, dass da, wo alles dunkel und aussichtslos aussieht, auch Neues entsteht, dass in einer Zeit, wo alles abwärts zu trudeln scheint, ein Aufwind kommen kann, das will ich doch hoffen.
Viele Menschen in meinem Umfeld teilen gerade das Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Sorge angesichts der weltpolitischen Lage. Ich selbst auch. Aber ich möchte mich nicht hineinfallen lassen, in die Hoffnungslosigkeit. Dafür ist das Leben zu kostbar und einmalig. Ich erinnere mich an einen anderen Satz vom Fallen, den ich auch schon oft gehört habe: "Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand."
Das hat jemand gedichtet, der es in seinem Leben nicht leicht hatte. Der Liederdichter Arno Pötzsch. Sein Leben war geprägt von Krieg, Tod, harter Arbeit in Lazaretten und Trauer. Viel Hoffnungslosigkeit. Und schon in jungen Jahren die Erfahrung tief zu fallen. Aber nicht tiefer als in die Hand Gottes. Für mich ist Gott all das: der Aufwind, der neue Möglichkeiten schafft, die Schwerkraft, die Bodenhaftung gibt und die Hand, die hält und auffängt.
Das können wir Menschen einander auch sein, jeden Tag. Arno Pötzsch hat darin sein Lebenswerk gesehen. Und Joachim Meyerhoff schreibt darüber. "Man kann auch in die Höhe fallen, aber nicht tiefer als in Gottes Hand."